Staat

Nationale Symbole

Flagge  

Die Flagge Serbiens zeigt die Farben Rot, Blau und Weiß (panslawische Farben) in waagerechter Anordnung. Die heutige Ausführung der Flagge (mit Wappen und Krone) wurde am 17.08.2004 eingeführt. Sie geht auf das 19. Jahrhundert zurück, das serbische Königreich.

Wappen

Das Wappen Serbiens stammt in seiner heutigen Form aus dem 19. Jahrhundert. Seine Wurzeln hat es jedoch im frühen Mittelalter – der Doppeladler geht auf das Byzantinische Reich zurück. Die im 8./9. Jahrhundert gegründeten serbischen Staaten Zeta und Raschka (Raszien) waren Lehen des Byzantinische Reichs, die 1117 zum Fürstentum Serbien zusammengefasst wurden. Dieses erlangte 1180 die Unabhängigkeit. Die serbische Heraldik mit dem Doppeladler erinnert an die Heraldik des Byzantinischen Reichs. 

Nationalhymne «Bože Pravde» 

Bože Pravde (Gott der Gerechtigkeit) ist die Nationalhymne von Serbien. Der Text wurde 1872 von Jovan Ðorđević und die Musik von Davorin Jenko geschrieben. Bože Pravde wurde erst mit der Verabschiedung einer neuen Verfassung am 30. September 2006 zur offiziellen serbischen Nationalhymne. Bože Pravde war die Nationalhymne des Königreichs Serbien (1882–1918) und Teil der Nationalhymne des Königreichs der Serben, Kroaten und Slowenen (1918–1945; seit 1929 Königreich Jugoslawien). Die aktuelle Version ist eine Adaption des ursprünglichen Textes ohne die Bezugnahme auf die Monarchie. 

Verfassung 

Die serbische Verfassung von 2006 bestimmt die Republik Serbien als parlamentarische Demokratie und legt deren wichtigste Institutionen – Präsident, Regierung, Parlament, Justizwesen, die demokratischer Kontrolle unterliegenden Sicherheitsorgane – sowie den Verwaltungsaufbau des Staates fest. Die aktuelle Verfassung Serbiens weist zahlreiche Schwächen auf, die sich auf die Stabilität der Verfassungsordnung auswirken, und zurückgehen auf den Entstehungszusammenhang der Verfassung. Dieser war einerseits bestimmt durch den Zerfall des Staatenbundes Serbiens mit Montenegro, andererseits durch die drohende staatliche Unabhängigkeit Kosovos. Insbesondere der Charakter der Verfassung als eines politisch-ideologischen Instruments gegen die Unabhängigkeit der ehemalischen serbischen Provinz und die Eile, mit der die Verfassung in weniger Wochen verfasst und verabschiedet wurde, bedingten ihre schlechte Qualität. So gibt es zahlreiche widersprüchliche Regelungen, die Kompetenzverteilung zwischen den beiden Organen der Exekutive – Präsident und Regierung – ist teils nicht klar getrennt, der Umfang territorialer Dezentralisierung nicht klar geregelt. Außerdem gibt es demokratisch problematische Regelungen wie die politische Kontrolle über die Ernennung von Richtern und Staatsanwälten sowie die Kontrolle der parlamentarischen Parteien über die Mandate ihrer Abgeordneten. Serbien ist angehalten, im Rahmen der EU-Beitrittsverhandlungen Änderungen an seiner Verfassung zur Beseitigungen der wichtigsten Schwächen vorzunehmen. 

Institutionen

Die Republik Serbien ist eine parlamentarische Demokratie. Ihre wichtigsten Institutionen sind der Präsident, die Regierung und das Parlament, sowie das Justizwesen. 

Das Amt des Staatspräsidenten hat, etwa vergleichbar mit dem des deutschen Bundespräsidenten, einerseits repräsentative Funktionen. Der Präsident löst das Parlament auf, erteilt den Auftrag zur Regierungsbildung und ratifiziert vom Parlament verabschiedete Gesetze. Darüber hinaus ernennt er allerdings noch die Botschafter und nimmt die Beförderungen der Offiziere der serbischen Armee vor. Der Präsident wird auf 5 Jahre vom Volk direkt gewählt. Besonderes Gewicht bekommt das Präsidentenamt dadurch, dass es parteipolitisch nicht neutral ist – das Amt verpflichtet nicht zur Niederlegung von Parteiämtern, und wird in der Regel von den Parteivorsitzenden einer der führenden parlamentarischen Parteien ausgeübt. 

So war der bis 2012 amtierende Präsident Serbiens, Boris Tadić, zugleich Präsident der größten Regierungspartei, der Demokratischen Partei (DS). Aufgrund dieser Regelung war das Machtverhältnis zwischen Präsident und Regierung in der Vergangenheit mehr von der parteipolitischen Zugehörigkeit von Präsident und Premier geprägt als von der verfassungsmäßig festgelegten Verteilung der Kompetenzen. In der Amtszeit des im Juni 2012 abgewählten Präsidenten Tadić stellte mit der DS erstmalig seit 2000 eine Partei den Präsidenten und führte die Regierung an; infolgedessen lag die Macht faktisch beim Präsidenten, und nicht entsprechend der verfassungsmäßigen Ordnung zum größten Teil bei der Regierung. 

Der ab Juni 2012 amtierende Präsident Serbiens Tomislav Nikolić hatte als erster Präsident mit seinem Amtsantritt seine Funktion als Parteivorsitzender der Serbischen Fortschrittspartei (SNS) niedergelegt, und damit eine demokratische Grundhaltung demonstriert, die seinen Vorgängern fehlte. Allerdings hatte er später mehrfach eigenständige politische Initiativen unternommen und damit indirekt angezeigt, dass er sich nicht vollkommen mit der Aufgabe des durch den Rücktritt von seinem Parteiamt verbundenen Machtverlust abgefunden hatt bzw. vollständig bereit war, sich auf seine weitgehend repräsentativen Zuständigkeiten zu begrenzen. 

Mit den Präsidentschaftswahlen vom April 2017, aus denen Nikolić’s Parteikollege und bis dahin amtierende Ministerpräsident Vučić im ersten Wahlgang als Sieger hervorging, endete sowohl Nikolić’s Amtszeit, als auch die Trennung des obersten Staatsamts von der Parteipolitik – Vučić, dessen Amtseinführung als neuer Präsident Serbiens am 31. Mai 2017 statt fand, hatte angekündigt, seinen Vorsitz der größten Regierungspartei SNS behalten zu wollen. In der Tat dominiert im öffentlichen Wirken von Präsident und Premier seit 2017 der Eindruck, dass Präsident Vučić die dominierende politische Figur in der faktischen Verteilung exekutiver Kompetenzen zwischen 

Präsident und (parteiloser) Regierungschef(in) ist. Diese Verteilung erinnert stark an die Amtszeit von Präsident Tadić und ist nicht durch die verfassungsmäßig festgelegte Machtverteilung gedeckt. Die nächsten Parlamentswahlen sind für den März 2020 geplant. 

Die Exekutive wird von der Regierung Serbiens ausgeübt. Am 11. August 2016 wählte das Parlament die aktuelle Regierung ins Amt, basierend auf den Ergebnissen der Parlamentswahlen vom 24. April. Die Regierung wird angeführt von der Serbischen Fortschrittspartei (SNS), welche bei den Wahlen die absolute Mehrheit der Sitze errang. An der aktuellen Regierungskoalition, sind wie in der vorherigen Amtszeit außerdem die Sozialistischen Partei Serbiens (SPS) sowie die Partei der ungarischen Minderheit aus Nordserbien, der Bund der Ungarn der Vojvodina (SVM) beteiligt, als auch einige parlamentarische Vertreter anderer ethnischer Minderheiten beteiligt. Zusammen verfügen die Regierungspartner weiterhin über eine verfassungsändernde Zweidrittelmehrheit in der Volksvertretung. 

Premierminister ist der Vorsitzende der SNS, Aleksandar Vučić. Vizepremier und Außenminister ist der SPS-Vorsitzende Ivica Dačić. Mit der Amtseinführung Vučić’s als neuer serbischer Präsident Ende Mai 2017 wurde das Ministerpräsidentenamt frei. Anfang Juni nominierte Vučić mit der bisherigen Ministerin für öffentliche Verwaltung Ana Brnabić erstmals in der serbischen Geschichte eine Frau für das höchste Regierungsamt. Die 15. Regierung seit der Etablierung des Mehrparteiensystems Anfang der 1990er Jahre wurde am 29. Juni 2017 vom Parlament mehrheitlich im Amt bestätigt. Unter Ministerpräsidentin Brnabić blieb die Zusammensetzung der Regierung weitgehend unverändert; wichtigste Neuerung war die Ernennung des ehemaligen Belgrader Bürgermeisters und Vučić-Vertrauten Šiniša Malić zum neuen Finanzminister. Am 28. Oktober 2020 wurde die aktuelle Regierung ins Amt gewählt, die erste Regierung seit der Etablierung des Mehrparteiensystems 1990, an der alle parlamentarischen Parteien beteiligt sind. Ministerpräsidentin wurde erneut Ana Brnabić. 

Das Parlament, die Narodna Skupština, übt die Gesetzgebung aus. Es ist ein Einkammerparlament mit 250 Sitzen, dessen Mitglieder auf 4 Jahre gewählt werden. Die im Parlament vertretenen Parteien gruppieren sich als Fraktionen in eine Regierungskoalition und die Opposition. Die letzten, vorgezogenen Parlamentswahlen fanden am 24. April 2016 statt. 

Verwaltungsaufbau 

Serbien besteht offiziell aus 174 Einheiten lokaler Selbstverwaltung – 150 Gemeinden (über 10.000 Einwohner), 23 Städten (über 100.000 Einwohner) sowie der Hauptstadt Belgrad, die mit einem Sonderstatus versehen ist. 29 Städte und Gemeinden liegen allerdings im sich unabhängig erklärten Kosovo. Darüber hinaus ist die nordserbische Provinz Vojvodina mit gewissen Selbstverwaltungsrechten ausgestattet. Auf regionaler Ebene gibt es außerdem 24 Kreise – 7 in der Vojvodina und 17 in Zentralserbien (sowie 5 in dem von Serbien beanspruchten Kosovo). Diese sind Verwaltungseinheiten ohne Selbstverwaltungsrechte. 

Serbien Zentralismus?

Die Republik Serbien ist ein zentralistisch aufgebauter Staat mit einer zentralstaatlicher Ebene und der kommunalen Ebene. Die Gemeinden haben den Status als Einheit lokaler Selbstverwaltung, allerdings sind ihre Kompetenzen beschränkt. Daneben existiert eine größere Anzahl an Kreisen, diese sind allerdings reine Verwaltungseinheiten bzw. statistische Regionen ohne Selbstverwaltungsrechte. 

Trotz starker Traditionen historischer Regionen, u.a. solche mit einem hohen Anteil ethnischer Minderheiten, und von Dezentralisierung verhindern die politischen Eliten mit dem Vorwand des Konflikts um das Kosovo eine Regionalisierung des Staatsaufbaus. 

Die Provinz Vojvodina hatte unter dem Milošević-Regime ihre Autonomie verloren, was zur Herausbildung einer starken Autonomiebewegung in den 1990er Jahren geführt hatte. Mit der Verfassung von 2006 wurde der Vojvodina der Autonomiestatus zurückgegeben, die Provinz sollte ein neues Statut bekommen. Die zugestandenen Kompetenzen vielen allerdings deutlich hinter politische Forderungen aus der Region zurück. Zugleich wird die Umsetzung wie etwa die Verabschiedung des neuen Statuts seitdem von den politischen Eliten in der Hauptstadt Belgrad verschleppt. 

Das in der serbisch-bosnisch-montenegrinischen Grenzregion liegende Sandschak mit einem historisch stark muslimischen Bevölkerungsanteil (Bosniaken) geht zurück auf osmanische Verwaltungsstrukturen. In den 90er Jahren kam es zu Diskriminierung, interethnischen Spannungen und dem Übergreifen von ethnischen Säuberungen aus dem benachbarten Bosnien. Die jetzige Regierung hat 2008 die Vorsitzenden der beiden bosniakischen Parteien mit Ministerposten politisch integriert, das Problem der strukturellen Benachteiligung der Muslime im Sandschak ist allerdings nicht angegangen worden. Infolgedessen hat sich in den letzten 2-3 Jahren eine populistische Bewegung unter Führung des Oberhaupts der islamischen Gemeinschaft im Sandschak, Muamer Zukorlić herausgebildet, die einen Autonomiestatus für die Region fordert. 

In der südserbischen Preševo-Region, eine an das Kosovo angrenzende Region mit hohem Albaneranteil ist es infolge des Kosovo-Konflikts zu Beginn des vergangenen Jahrzehnts zu bewaffneten Konflikten zwischen der albanischen Bevölkerung und den Behörden gekommen. Dieser wurde mithilfe internationaler Vermittlung beigelegt, der albanischen Bevölkerung wurden gewisse Sonderrechte zugestanden. 

Justiz 

Das serbische Justizwesen besteht aus einem Verfassungsgericht, dem Obersten Gerichtshof, 30 Bezirksgerichten und 138 Gemeindegerichten. Daneben bestehen spezielle Gerichte wie Verwaltungsgerichte und Handelsgerichte. Im Belgrader Bezirksgericht existiert eine Sonderkammer für die Verfolgung von Kriegsverbrechen, daneben existiert eine Staatsanwaltschaft für Kriegsverbrechen – beiden zusammen obliegt die juristische Aufarbeitung der Kriegsverbrechen aus den Balkankriegen der 1990er Jahre. Ihre Einrichtung ist Teil des Prozesses der Schließung des UN Kriegsverbrechertribunals für das ehemalige Jugoslawien (Den Haag) und der Überführung seiner Aufgaben auf die nationalen Justizen in den Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien. 

Serbien hatte eine für sozialistische Staaten relativ starke Rechtstradition. Im sozialistischen Jugoslawien funktionierten – außer in den politischen Bereichen – weite Teile des Justizsystems nahezu wie im westlichen Rechtsstaat bis hinein in die 80er Jahre. Unter dem Milošević-Regime kam es zu einer starken Politisierung und Veränderung der personellen Struktur im Justizwesen, und infolgedessen zu einer dramatischen Entprofessionalisierung. Zugleich breitete sich Korruption systematisch in allen staatlichen und gesellschaftlichen Bereichen aus – die Justiz nicht ausgenommen. 

In den Jahren 2009-2010 hat die serbische Regierung eine grundlegende Justizreform unter dem Einfluss des EU-Integrationsprozesses unternommen. Gerichte und Staatsanwaltschaften wurden nach objektiven Kriterien territorial und funktional grundlegend umstrukturiert und so rationalisiert. Zugleich fand ein Prozess der Neu-Ernennung alle Richter und Staatsanwälte statt, der der systematischen Säuberung der Justiz von unqualifizierten und durch ihr Agieren in den 1990er Jahren diskreditierten Juristen dienen sollte. Die Ziele dieses Verfahrens wurden jedoch durch Intransparenz und politische Einflussnahme konterkariert. Nach massiver innenpolitischer Kritik sowie von der EU-Kommission fand 2013 eine Teilrevision statt. Nachdem das serbische Verfassungsgericht die in diesem Verfahren erfolgte Entlassung von über 900 Richtern und Staatsanwälten für verfassungswidrig erklärt hatte, mussten alle wieder in ihre Ämter eingesetzt werden. 

Die EU-Kommission hatte Serbien im Fortschrittsbericht für 2011 noch positive Ergebnisse des Justizreformprozesses bescheinigt, zugleich aber weitere Anstrengungen gefordert. Im darauffolgenden Fortschrittsbericht von 2012 musste die Kommission Serbien allerdings das Scheitern der Neuernennung aller Richter und Staatsanwälte bescheinigen. Sie korrigierte damit ihre überwiegend positive Einschätzung der Vorjahre und verwies darauf, dass zentrale Reformvorhaben im serbischen Justizwesen noch bevorstehen. 

Seit 2013 stand die Justizreform zunehmend unter dem Einfluss von Serbiens Weg hin zu Beitrittsverhandlungen. Die neue Regierung verabschiedete eine neue Justizreformstrategie für die Jahre 2013-18. 2014 fand der Screening-Prozess zu den sog. Rechtsstaatskapiteln 23 und 24 statt. Die Verhandlungen über den von der serbischen Regierung zu erarbeitenden Aktionsplan, der der Plan für die Umsetzung der von der EU vorgegebenen, umfangreichen Bedingungen für Strukturreformen der Justiz darstellt, zog sich lange hin, bis zum April 2016. Die Eröffnung der beiden Kapitel, die eigentlich zu Beginn des Beitrittsprozesses vorgesehen war, geschah daher erst im Juli 2016. 

Tatsächlich hat sich die Situation der Justiz in der Regierungszeit von Aleksandar Vucic nicht verbessert, sondern eher verschlechtert. Die politische Einflussnahme auf die Justiz hat eher zu- als abgenommen. Die Kommentierung von sensiblen Justizverfahren durch Regierungsvertreter ist zur Alltagspraxis geworden. Eine von der EU geforderte Verfassungsänderung mit dem Ziel der Abschaffung der Ernennung von Richtern und Staatsanwälten durch das Parlament lässt auf sich warten. Erst Anfang 2018 legte das serbische Justizministerium den entsprechenden Verfassungsänderungsentwurf vor. Der Entwurf wurde von Vertretern von Justizverbänden wie Zivilgesellschaft gleichermaßen als unzureichend hinsichtlich der Entpolitisierung der Justiz kritisiert. Bei Konsultationen zum Entwurf kam es zu offenen Auseinandersetzungen zwischen Ministeriumsvertreten und Vertretern von der serbischen Richtervereinigung wie zivilgesellschaftlichen Organisationen und zum Rückzug letzterer von den Konsultationen. 

Im Juni 2018 veröffentlichte die Venedig-Kommission des Europarates eine positive Stellungnahme zum Verfassungsänderungsentwurf. Mittlerweile hat die serbische Regierung die erneute Verschiebung der Verfassungsänderungen auf die Zeit nach den Parlamentswahlen und dem Amtsantritt der nächsten Regierung in 2020 angekündigt.

Das politische System 

Das politische System Serbiens ist von strukturellen Problemen geprägt, die bis heute die demokratische und rechtsstaatliche Transformation behindern, weswegen die Transformationsprozesse nach den 1990er Jahren nicht linear verlaufen sind, gefolgt von negativen, autoritären Rückschritten in den letzten Jahren. Ein guter Gradmesser der Entwicklung ist der Freiheitsindex von Freedom House zu Serbien. Aufgrund der politischen Entwicklung stufte die Organisation 2019 Serbien erstmals seit Jahren herunter von „frei“ auf „teilweise frei“, was sich auf die individuellen Bürgerrechte, noch mehr aber auf die politischen Rechte bezog. Das Land erzielte nur noch 67 von maximal 100 Punkten gegenüber 73 im Vorjahr. 2020 setzte sich dieser Negativtrend mit nur noch 66 Punkten fort. 

Das Milošević-Erbe 

Das politische System in Serbien ist seit dem Regimewechsel 2000 (mit)bestimmt geblieben vom Erbe der Milosevic-Ära. Dieses war bestimmt von der autoritären Transformation des sozialistischen Regimes bei gleichzeitiger formaler Einführung von Parteienpluralismus, kompetitiven Wahlen, eines (begrenzten) Medienpluralismus sowie von Gewaltenteilung. Dieses eigentümliche Zusammenspiel unter den Bedingungen eines kriegerischen Ausnahmezustands hat den Parlamentarismus und die politische und Rechtskultur beschädigt. Die Justiz wurde politisiert und wie andere staatliche Sektoren systematisch korrumpiert. Es kam zur Politisierung und Kriminalisierung der Sicherheitsdienste, der Verschränkung von Polizei/Staatssicherheit und kriminellem Untergrund, von organisierter Kriminalität. Eine enge, teils informelle Verflechtung von Staat, Partei und Ökonomie entstand, welche auch den privatwirtschaftlichen Sektor umfasste. 

Gesellschaftliche Eliten wie die Gesellschaft als Ganzes durchliefen einen Prozess tiefgreifender Korrumpierung. Schließlich, während der gesellschaftliche Niedergang mit dem Kampf um die nationalstaatlichen Grenzen des serbischen Volks begründet wurden, blieb eine Definition des Staatsverständnis, der Grenzen Serbiens aus, Serbien verließ die Milošević-Ära mit einem völlig unklaren Staatsverständnis. 

Die Entwicklung des politischen Systems in Serbien was im Jahrzehnt nach dem Regimewechsel über weite Strecken bestimmt vom Konflikt innerhalb des ehemaligen Oppositionsbündnisses DOS um den reformpolitischen Bruch mit dem Milosevic-Erbe. Die Gegnerschaft zwischen den Befürwortern einer weitgehenden Beseitigung dieses Erbes und der Übernahme und dem Festhalten an gewissen institutionellen Erbschaften sowie des nationalistischen ideologischen Erbes gestaltete sich als Konflikt zwischen DS und DSS, zunächst als Konflikt zwischen den Parteiführern Koštunica (DSS) und Đinđic (DS), und nach der Ermordung von Premier Đinđic 2003 mit dessen Nachfolgern. Nutznießer waren über lange Strecken die extrem nationalistischen Parteien, allen voran die SRS, die sich in den politischen Wirren der Nach-Regimewechselzeit schnell wieder stabilisieren konnte und zur stärksten politischen Kraft aufstiege. 

Diese Entwicklung prägte die Instabilität des politischen Systems, und prägt es bis heute und führte dazu, dass der demokratische Transformationsprozess nach 2000 keine lineare Entwicklung nahm. 

Korruption 

Korruption gehört zu den zentralen politischen Problemen in Serbien, mit weitreichenden, negativen Auswirkungen auf das Funktionieren von politischem System, staatlichen Institutionen und die serbischen Wirtschaft. Die systemische Korruption in Serbien ist in erster Linien ein Erbe der Milosevic-Ära. Im Kontext von ethnischer Kriegsführung, internationalen Sanktionen und autoritärem Machtausbau ist in Serbien in den 1990er Jahren das staatliche Machtmonopol durch die staatlichen Akteure ausgehebelt worden, sind die Grenzen zwischen Sicherheitsorganen, Justiz und anderen staatlichen Institutionen einerseits und kriminellen Milieus andererseits bis zur Unkenntlichkeit verwischt worden. 

Systemische Korruption heute findet sich vor allem bei der Vergabe öffentlicher Aufträge und der Verteilung anderer staatlicher Haushaltsmittel, sowie im Gesundheits- und Bildungswesen. Korruption in der Wirtschaft findet v.a. an den Schnittstellen zu staatlichen Institutionen statt. Abgenommen hat die Korruption in den letzten Jahren bei der Polizei. Auf staatlicher Seite ist eine eigenständige Institution, die Anti-Korruptionsagentur mit dem Kampf gegen Korruption befasst; in der serbischen Zivilgesellschaft beschäftigt sich Transparency International mit dem Phänomen Korruption. Druck auf serbische Behörden zu effektiverer Bekämpfung der systemischen Korruption kommt v.a auch von der EU. Unterstützung bei der Bekämpfung der Korruption in Serbien leistet außerdem das UN Development Program (UNDP) . 

Nach dem Arbeitsbeginn der neuen Regierung in 2012 hatte sich der Vizepremier und Vorsitzende der größten Regierungspartei, Aleksandar Vučić, der zugleich zum Regierungskoordinator für die Korruptionsbekämpfung ernannt worden ist, öffentlich als Kämpfer für die Beseitigung der grassierenden Korruption in Serbien präsentiert. Vučić hat die Bekämpfung von Korruption bis in höchste Kreise ohne politische Rücksichtnahmen angekündigt. 

Unter anderen wurde der Unternehmer Miroslav Mišković, einer der prominentesten unter den sog. «Tycoons», der seit den 1990er Jahren ein beträchtliches Imperium aufgebaut hat und dem Verbindungen zu diversen Parteien nachgesagt werden, wegen Korruptionsverdacht verhaftet. Die Kampagne hat Vučić über Nacht zum beliebtesten Politiker Serbiens aufsteigen lassen, ihm zugleich aber auch massive Anschuldigungen einer politisch motivierten Kampagne eingebracht. Es blieb allerdings von Anfang an unklar, ob diese öffentlichkeitswirksamen Schritte der Beginn einer wirklich systematischen Bekämpfung der in Serbien strukturellen Korruption sind. 

Bis Ende 2014 jedenfalls verharrte die Korruptionsbekämpfung bei der anfänglichen spektakulären Verhaftung einzelner Tycoons und der Verabschiedung von Strategien und Aktionsplänen zur Korruptionsbekämpfung. 

Daran änderte sich später wenig. Spektakuläre Verhaftungen gingen zurück auf spezielle Task Forces, denen der Premier vorstand, und waren damit das Ergebnis politischer Intervention bzw. Willens, nicht der regulären Arbeit von Polizei und Staatsanwaltschaften. Der notwendige Übergang von interventionistischer zu systemischer Korruptionsbekämpfung blieb aus. Der Ausgang der verschiedenen, initiierten hochkarätigen Korruptionsverfahren blieb ungewiss; Miroslav Mišković wurde am 20. Juni 2016 letztlich für 3 Millionen Euro Steuerhinterziehung zu 5 Jahren Haft verurteilt, sein mit angeklagter Sohn zu dreieinhalb Jahren. Dieses Urteil stand in erheblichem Missverhältnis zur politischen Kampagne, die die Regierung ursprünglich um die Verhaftung herum aufgebaut hatte. 

Zugleich bleibt die Arbeit der staatlichen Anti-Korruptionsagentur von strukturellen Schwächen geprägt. Demgegenüber leidet der sehr agile Antikorruptionsrat darunter, dass seine Empfehlungen nur unzureichend von der Regierung umgesetzt werden. Die Bekämpfung der Korruption gehört zu den zentralen Reformbedingungen der EU in Serbiens Beitrittsverhandlungen bzw. in den Justizkapiteln 23 und 24. Letztendlich verpuffte der anfänglich Elan in der Korruptionsbekämpfung, ein systemischer Effekt war nicht zu verzeichnen. Damit wurde nachträglich klar, dass die Korruptionsbekämpfungsinitiativen von Vučić in erster Linie machtpolitischen Zwecken gedient hatte, sowie der Schwächung der Opposition. 

Die fehlenden Fortschritte bei der Korruptionsbekämpfung in Serbien spiegeln sich in den jährlichen Rankings im Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International wider. So hat sich Serbien 2017 um fünf Positionen auf Platz 77 verschlechtert. Die zunehmende Verschlechterung führte 2018 zu einem dramatischen Einbruch um weitere zehn Plätze auf Platz 87. Der negative Trend setzte sich auch 2019 mit einem weiteren Rückgang auf Platz 91 fort. 

Menschenrechte 

Die Lage der Menschenrechte in Serbien ist insgesamt gut. Serbien hat die wichtigsten internationalen Menschenrechtskonventionen in nationales Recht übernommen. 2013 hat die serbische Regierung eine Anti-Diskriminierungsstrategie verabschiedet. Ein effektiver gesetzlicher Rahmen zum Schutz von Serbiens zahlreichen ethnischen Minderheiten existiert. Trotzdem existieren verschiedene Schwächen im Menschenrechts- und Minderheitenschutz. Probleme in der Verwirklichung der Menschenrechte bestehen etwa durch die Schwäche des Rechtsstaats und die noch immer unzureichende juristische Aufarbeitung der Kriegszeit. 

Mitglieder der LGBT Gemeinschaft klagen über unzureichenden Schutz vor Angriffen, v.a. durch rechtsextremistische serbisch-nationalistische Gruppierungen. So wurde auch 2013 das dritte Jahr in Folge die Belgrader Gay Parade von den Behörden aus „Sicherheitsgründen“ abgesagt trotzt Drängen aus der EU und anderer westlicher Staaten. Nach massivem internationalem Druck konnten sich die serbischen Behörden 2014 zum ersten Mal nach vier Jahren wieder dazu bewegen, die Belgrader Gay Parade zuzulassen. Sie fand am 28. September unter starkem Polizeiaufgebot und begleitet von Gegendemonstrationen rechtsextremer Gruppen statt. 

Trotz kleinerer Zwischenfälle blieb die Sicherheitslage stabil. 2015 fand die Gay Parade erneut statt, erneut gesichert durch ein hohes Polizeiaufgebot. Die Veranstaltung, an der zwei serbische Minister, der Belgrader Bürgermeister, zahlreiche Oppositionspolitiker, westliche Botschafter und EU-Vertreter teilnahmen, verlief gänzlich ohne Zwischenfälle. Ohne Zwischenfälle verlief die Gay Parade auch 2016 und 2017. Besondere Bedeutung bekam die Parade in 2017 durch die Teilnahme von Ana Brnabić, der neuen Ministerpräsidentin Serbiens und erster bekennend lesbisch-schwulen Person im Amt eines Regierungschefs/einer Regierungschefin auf dem Balkan. 

Trotz Kritik von Aktivisten, Brnabić setzte sich nicht ausreichend für die LGBT Gemeinde ein, ließ diese es sich auch 2018 nicht nehmen, an der Parade teilzunehmen. 2019 nahm die Ministerpräsidentin erneut an der Gay Parade teil, ungeachtet der Kritik, dass die in der serbischen Gesetzgebung garantierten Rechte, etwa verankert im Antidiskriminierungsgesetz von 2009, in der Praxis bis heute kaum umgesetzt sind. 

Ethnische Minderheiten beklagen Diskriminierungen in Bereichen wie Bildung und Sprache. Einen guten Überblick über die Menschenrechtsentwicklung liefern der jährliche Fortschrittsbericht der EU zu Serbien und der ebenfalls jährlich publizierte Freedom in the World Bericht von Freedom House, sowie die Berichte von Human Rights Watch und Amnesty International. 

Die Texte stammen vom Länderportal der GIZ, welches vom Netz genommen ist. Die Autorin heisst Dr. Azra Dzajic-Weber, studierte und promovierte in Germanistik und Slawistik an der Georg-August-Universität Göttingen. Die GIZ und der Autorin ist informiert worden, dass die Infos auf meiner touristischen Länderseite zu Serbien veröffentliche.